Lernstrategien der koreanischen Deutschlerner beim Wortschatzlernen.doc
Lernstrategien der koreanischen Deutschlerner beim WortschatzlernenKim, Ok-Seon (HUFS)I. EinleitungIm vorliegenden Artikel handelt es sich um Lernstrategien der koreanischen Deutschlerner beim Wortschatzlernen. Der Artikel gliedert sich in drei Teile: Im ersten Teil werden kurz die Lernstrategien, insbesondere die Wortschatzlernstrategien, besch-rieben. Im zweiten Teil wird auf eine kleine Umfrage zum Thema eingegangen. Im dritten Teil werden die Ergebnisse der Umfrage zur Diskussion gestellt und dann wird darauf hingewiesen, wie das Wortschatzlehren und -lernen im DaF-Unterricht in Korea verändert werden sollte.II. Lernstrategie und WortschatzlernstrategieWir sind alle fähig zu lernen. Aber unsere Herangehensweise an eine Lernaufgabe in einer bestimmten Situation ist verschieden, was auch zu einem unterschiedlichen Lernerfolg führt. Diese Erfahrung machen Sprachlehrer jeden Tag. Einige Forscher und Lehrer haben sich gefragt, warum manche Lerner eine Fremdsprache leicht lernen und andere nur mit Mühe. Das sog. Good Language Learner Project' geht derselben Frage nach: "What makes good language learners tick? What do they do that poor language learners don't do? Could we help the poor learners by teaching them some of the good learner's tricks? (Naiman et.al 1978, VII)". Auch Stern (1980, 54) nennt dasselbe Forschungsziel: "To the question why some students fail or have serious learning problems, while others are outstandingly successful, there is no simple answer. One direction to explore is to try to find out what good language learners do that poor learners do not do. By discovering how good language learners proceed it should be possible to help problem learners to improve their approach and in this way to become more effective." Mit dem Ziel haben sie eine Liste von Merkmalen erfolgreicher Fremdsprachenlerner In dem Artikel What the Good Language Learner' Can Teach Us?' beschreibt Rubin (1975, 45-48) die Merkmale wie folgt:(1) Ein erfolgreicher Fremdsprachenlerner errät bereitwillig Bedeutungen aus dem Kontext.(2) Er ist kommunikationsfreudig.(3) Er ist eher extrovertiert und risikofreudig, was das Erproben neuer Strukturen und neuen Wortschatzes angeht.(4) Er achtet auf Sprachformen.(5) Er übt viel und gerne.(6) Er überwacht dabei seinen eigenen Sprachgebrauch und den anderer Sprecher.(7) Beim Umgang mit Texten konzentriert er sich darauf, den Inhalt zu erfassen. aufgestellt. Darin sind tactics for learning', production tricks', creating opportunities for practice' u.a. enthalten. Diese frühere Arbeit war nicht die Studie zur Lernstrategie. Aber sie war ein Anstoß dafür und bereitete die Grundlage für das Konzept der Lernstrategie vor.Der Begriff Strategie' gehört zu den zentralen Bestandteilen kognitiver Lerntheorie und hängt eng mit dem konstruktivistischen Lernkonzept zusammen. In der Informationsgesellschaft, in der Informationen mit ungeheurer Geschwindigkeit alt werden und neu entstehen, können wir mit der Lernform der Addition von Informationen nicht mehr überleben. Wir müssen aus der Flut von Informationen das auswählen, was uns wichtig ist, das Ausge-wählte verarbeiten, d.h. das vorhandene Wissen rekonstruieren, indem wir das Neue mit dem Vorhandenen verbinden und ins Vorhandene integrieren. All das ist die Fähigkeit, gemäß unseren Bedürfnissen ständig selbstständig weiter zu lernen. Diese kognitive konstruktivistische Lerntheorie sieht das Lernen als einen aktiven und dynamischen Prozess der individuellen Informationsverarbeitung. Zum Lernen brauchen wir also Strategie', um neue Informationen an schon vorhandenes Wissen anzuknüpfen, es durch Reorganisation zu verändern und zu unserem eigenen Wissen zu machen.II.1 Direkte Lernstrategien bei Oxford Einige Vertreter dieser Lernstrategie-Forschung sind u.a. O'Malley / Chamot (1990) und Oxford (1990). In meinem Vortrag folge ich dem Begriff und der Klassifikation von Oxford. Oxford (1990, 8) definiert Lernstrategie als "specific actions taken by the learner to make learning easier, faster, more enjoyable, more self-directed, and more transferable to new situations". Sie teilt die Lernstrategie zunächst in direkte und indirekte Lernstrategien ein. Sie unterteilt diese zwei Klassen weiter in sechs Gruppen, drei direkte und drei indirekte. Der direkten Lernstrategie gehören Gedächtnisstrategien, kognitive Strategien und Kompensationsstrategien an. Unter der indirekten Lernstrategie werden metakognitive, soziale und affektive Strategien zusammengefasst. Weil die direkten LS mit dem Wortschatzlernen sehr eng zusammenhängen, soll im folgenden darüber kurz gesprochen werden. (1) Gedächtnisstrategien helfen dem Lerner, Informationen zu speichern, wieder zu finden und abzurufen. Mentale Bezüge herstellen: Wortgruppen bilden, Assoziationen mit dem Vorwissen verknüpfen, kombinieren. Bilder und Laute verwenden: mentale Bilder verwenden, Zwischenwörter verwenden, Lautverwandtschaft verwenden. Regelmäßig und geplant wiederholen: Vokabelkartei verwenden. Handeln: Wörter und Ausdrücke schauspielerisch darstellen(2) Kognitive Strategien befähigen den Lerner, Sprache zu verstehen und neue Äußerungen zu produzieren. Üben: formelhafte Wendung erkennen und verwenden, Satzmuster erkennen und verwenden, die Fremdsprache kommunikativ gebrauchen. Strukturieren: markieren, sich Notizen machen, Gliederungen machen, zusammenfassen. Analysieren und Inferenzieren: Wörter und Ausdrücke analysieren, Regelmäßigkeiten entdecken, Sprache miteinander vergleichen, Kenntnisse der Muttersprache nutzen(3) Kompensationsstrategien ermöglichen es dem Lerner, trotz sprachlicher Defizite in der Fremdsprache zu kommunizieren. intelligentes Raten: sprachliche Hinweise benutzen, andere (nicht sprachliche) Hinweise benutzen. Hilfsmittel verwenden Bimmel/ Rampillon (2000) ordnen diese Strategie der kognitiven Strategie zu, weil man mit ihrer Hilfe eine fremdsprachliche Aufgabe löst. Aber man verwendet auch ein Hilfsmittel, wenn man Hilfe sucht, um seine fremdsprachlichen Lücken zu füllen. Deshalb betrachte ich sie als eine Kompensationsstrategie.: Wörterbuch verwenden, in der Grammatik nachschlagen. Defizite beim Sprechen und Schreiben überwinden: zur Muttersprache wechseln, um Hilfe bitten, Mimik und Gestik einsetzen, Gesprächsthemen vermeiden, das Thema wechseln, annähernd sagen, was man meint, Wörter erfinden, Umschreibung und Synonyme verwendenII.2 WortschatzlernstrategieUm zu ermitteln, welche Lernstrategien deutschlernende Koreaner beim Wortschatzlernen verwenden, wurde eine Umfrage von der Autorin des vorliegenden Artikels entworfen. Für den Entwurf wurden von SILL (Strategy Inventory for Language Learning) SILL (Strategy Inventory for Language Learning) wurde von Oxford entwickelt. Das Inventar besteht aus 6 Teilen und enthält insgesamt 50 Items. diejenigen Items genommen, die sich auf das Wortschatzlernen beziehen. Die Items sind im Anhang zu lesen. Die Items lassen sich so unterteilen. Die Zahlen, die am Ende jedes Items stehen, verweisen auf die Nummer des Items im Anhang. (1) Gedächtnisstrategien. Wörter wiederholen: 1, 2. Wörter und Ausdrücke schauspielerisch darstellend lernen: 3 . Wortgruppen bilden: 4. mentale Bilder/ Vorstellung verwenden: 5(2) Gedächtnis- bzw. kognitive Strategien. Assoziationen mit dem Vorwissen verknüpfen, Sprache miteinander vergleichen: 6, 7, 8. Kenntnisse der Muttersprache nutzen: 9(3) Kognitive Strategien. sich Notizen machen: 10 . Wörter und Ausdrücke analysieren, Regelmäßigkeiten entdecken: 11, 12. Wörter in Sätzen verwenden, sie in kommunikativen Situationen gebrauchen: 13, 14(4) Kompensationsstrategien. Wörterbuch verwenden: 15. intelligent raten: 16. Umschreibungen, Paraphrasierungen verwenden: 17III. Die Untersuchung zur LS der Koreaner beim WortschatzlernenIII.1 DatenUm Lernstrategien der Koreaner beim Wortschatzlernen zu ermitteln, wurde eine kleine Untersuchung durchgeführt. Mithilfe einer Umfrage kann man Lernstrategien, die von außen nicht beobachtbar sind und die die Lerner unbewusst verwenden, gut ermitteln. Aber die Zuverlässigkeit der Untersuchungsergebnisse, zu denen man anhand der Umfrage kommt, hängt davon ab, wie ernst und ehrlich die Informanten die Fragen beantworten. Denn bei der Umfrage ist nicht selten die Tendenz zu beobachten, dass die Informanten das angeben, was ihrer Meinung nach die Untersuchenden wissen wollen. Bei meiner Umfrage ist dies auch nicht auszuschließen. Das Ziel mit dieser Umfrage ist es, einen ersten Einblick darin zu gewinnen, wie Koreaner Wortschatz lernen. Für dieses Ziel ist diese Datenerhebungsmethode angemessen und vorteilhaft, denn relativ viele Daten konnten ohne weiteres gesammelt werden. Der Fragebogen besteht aus drei Teilen: Im ersten Teil wird nach allgemeinen Meinungen über das Deutschlernen und im zweiten nach allgemeinen Meinungen über das Wortschatzlernen gefragt. Im vorliegenden Artikel werden die Ergebnisse des zweiten Teils nicht behandelt. Mit dem dritten Teil wird beabsichtigt, Wortschatzlernstrategien der Informanten zu ermitteln. Dort sind insgesamt 17 Items aufgelistet. Die Informanten werden darum gebeten, für jedes Item eine Zahl auf einer Skala von 1 bis 5 ( gar nicht ziemlich wenig gelegentlich ziemlich viel immer oder fast immer verwende ich die Strategie) anzugeben, je nach dem Grad, wie sie die angegebenen Lernstrategien tatsächlich verwenden. Die Informanten sind Koreaner, die im 3. Semester 2001 am Goethe-Institut Seoul Deutsch lernten. In jeweils zwei Klassen von der Stufe GIa, GIb, GIc und GIIa wurden die Fragebögen verteilt und insgesamt 137 (33 für GIa, 43 für GIb, 30 für GIc, 30 für GIIa) Fragebögen ausgefüllt eingesammelt. Die Umfrage wurde anonym durchgeführt.III.2 Ergebnisse der UmfrageIII.2.1 allgemeine Meinungen zum DeutschlernenUm zu wissen, welche Meinung im allgemeinen koreanische Lerner zum Deutschlernen haben, werden zwei Fragen gestellt: was ist am schwierigsten zu lernen? und was ist beim Deutschlernen das wichtigste? Auf die erste und zweite Frage antworteten die Informanten wie folgt: <das am schwierigsten zu lernende Gebiet> _ Gebiet Aussprache Grammatik Wortschatz - Zahl der 26 36 75 Informanten (19%) (26.3%) (54.7%) 75 Informanten sehen Wortschatz' als am schwierigsten an. Die Prozentzahl ist doppelt so groß wie die der Informanten, die Grammatik' als am schwierigsten einschätzen. Beim Wortschatz-lernen haben die meisten koreanischen Lerner die größten Schwierigkeiten. <die wichtigste Fremdsprachenfähigkeit> _ Fähigkeit Fähigkeit der Grammatische Lexikalische Aussprache Fähigkeit Fähigkeit - Zahl der 17 51 69 Informanten (12.4%) (37.2%) (50.4%) Bei der zweiten Frage gaben 69 Informanten, d.h. fast die Hälfte an, dass die lexikalische Kompetenz die wichtigste Fremd-sprachenfähigkeit ausmacht. Die Zahl ist eineinhalbmal größer als die Zahl für die grammatische Kompetenz und dreieinhalbmal größer als die Zahl für die Aussprache. Daraus wird deutlich, worauf beim Deutschunterrichten viel mehr Wert gelegt werden muss. Dies ist u.a. der Grund, warum sich der vorliegende Artikel mit den Wortschatzlernstrategien beschäftigt.III.2.2 Die Ergebnisse des dritten TeilsDie Daten, die im zweiten Teil gesammelt wurden, werden durch SPSS-Windows (Version 7.0) verarbeitet. Die Datenanalyse zielt in erster Linie darauf ab, welche Strategien die Informanten benutzen. Dabei geht die Analyse drei Fragen nach.(1) Um zu ermitteln, ob es bei der Strategienverwendung irgend-welche Präferenztendenzen gibt, werden die Daten je nach dem einzelnen Item wie auch der Gruppe einer Häufigkeitsanalyse unterzogen.(2) Um zu ermitteln, ob es Zusammenhänge zwischen dem Niveau und der Verwendung bestimmter Lernstrategien gibt, werden die Daten einem t-Test unterzogen. Exemplarisch werden nur die unterste Stufe und die oberste Stufe verglichen. (3) Um zu ermitteln, ob es bei der Verwendung der Lernstrategien geschlechtsspezifische Zusammenhänge gibt, werden die Daten einem t-Test unterzogen. Die Frage ist erst während der Datenauswertung entstanden. Korrelationskoeffizienten zwischen der Verwendungshäufigkeit der Lernstrategien und dem Niveau einerseits und dem Geschlecht andererseits sind auf dem Level p < .001 signifikant. (1) Verwendungshäufigkeitsanalyse <durchschnittliche Verwendungshäufigkeit des Items bei allen Informanten>Gedächtniss.1 2 3 4 5Gedächtniss. bzw. kognitive S. 6 7 8 9Kognitive S.10 11 12 13 14Kompen-sationss.15 16 17Total3.74 3.37 2.04 2.24 2.623.34 2.88 2.72 1.823.74 3.14 3.14 2.31 2.323.81 3.28 2.42GIa4.33 4.06 2.18 1.82 2.452.91 3.06 2.55 1.764.64 2.61 2.48 1.73 2.004.33 2.67 1.97GIb3.70 3.26 2.12 2.23 2.603.51 2.74 2.53 1.673.70 3.14 2.88 2.02 2.233.72 3.14 2.42GIc3.19 2.90 2.10 2.35 2.683.48 2.94 2.84 1.843.32 3.06 3.35 2.52 2.453.27 3.48 2.45GIIa3.65 3.29 1.71 2.58 2.713.42 2.77 3.06 2.063.23 3.81 4.00 3.07 2.653.94 3.94 2.87Die Verwendungshäufigkeitsanalyse zeigt, wie häufig die Informanten die einzelnen Strategien verwenden:(1) Sie verwenden 15 (im Wörterbuch nachschlagen), 1 (Wörter mündlich wiederholen), 10 (Erklärungen notieren) ziemlich häufig und 2 (Wörter schreibend wiederholen), 6 (Assoziationen mit Bekanntem herstellen), 16 (vermuten), 11 (Regel entdecken), 12 (analysieren) relativ häufig. (2) Sie bedienen sich der Strategien wie z.B. 13 (mit den Wörtern Sätze bilden), 14 (Wörter in Kontexten verwenden), 17 (paraphrasieren) und 4 (Wörter gemäß ihren Bedeutungs- oder formalen Merkmalen gruppieren) sehr wenig und der Strategien wie z.B. 3 (Wörter schauspielerisch darstellen) und 9 (Kenntnisse des Koreanischen nutzen) selten. (3) 5 (sich die Verwendungskontexte von Wörtern mental vorstellen), 7 und 8 (andere fremdsprachliche Kenntnisse einschließlich Lehnwörter im Koreanischen nutzen) verwenden sie gelegentlich, aber nicht oft. Diese Häufigkeitsanalyse lässt sich wie folgt interpretieren: (1) Die Informanten bevorzugen am stärksten solche Strategien, die kognitiv kaum oder wenig anspruchsvoll sind. Beim Wortschatzlernen gehen sie mechanisch vor, denken n